Ulf Jürgensen, Schulleiter der BBS Burgdorf, Region Hannover:
Frage: Wie orientiert sind die Schülerinnen und Schüler, die an die Berufseinstiegs- und Berufsfachschule kommen?
Ulf Jürgensen: Viele Jugendliche, die bei uns an die Schule kommen sind noch nicht beruflich orientiert, vor allem in der Berufseinstiegsschule aber auch in der Berufsfachschule. Besonders Neuzugewanderte stehen oft noch am Anfang der beruflichen Orientierung, waren nicht auf einer allgemeinbildenden Schule in Deutschland oder konnten von den Orientierungsangeboten noch nicht profitieren. Viele sind noch nicht ausbildungsreif.
Eine weitere berufliche Orientierung ist deshalb auch an der Berufseinstiegsschule und der Berufsfachschule notwendig.
Frage: Welche Angebote zur beruflichen Orientierung gibt es an der Schule?
Ulf Jürgensen: Die berufliche Orientierung an der Berufseinstiegsschule beinhaltet zwei zweiwöchige Praktika, Praxisprojekte z.B. in der Gastronomie und das Matching mit Unternehmen für erste Betriebskontakte, das wir einmal jährlich in Kooperation mit der KAUSA-Landesstelle organisieren.
Frage: Wie viele Jugendliche schaffen den Hauptschulabschluss nach dem Besuch der Berufseinstiegsschule?
Ulf Jürgensen: Auch wenn zahlreiche Jugendliche sehr interessiert und engagiert sind, schaffen am Ende nur ungefähr die Hälfte der Schüler*innen der Berufseinstiegsschule den Hauptschulabschluss. Leider gehen uns 10 % schon vorher verloren und kommen nicht mehr zur Schule. Weitere Abbrecher*innen kommen hinzu, wenn der Hauptschulabschluss voraussichtlich nicht geschafft wird.
Frage: Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Betrieben bei der beruflichen Orientierung?
Ulf Jürgensen: Grundsätzlich sind die Unternehmen offen, stellen sich auf die Zielgruppe ein und engagieren sich. Die Herausforderung ist eher, die Auszubildenden so zu unterstützen, dass sie die Prüfung schaffen.
Frage: Was brauchen die Jugendlichen mit Migrationsgeschichte aus Ihrer Sicht? Wofür brauchen wir eine Lösung?
Ulf Jürgensen: Die fehlende Ausbildungsreife bei vielen Jugendlichen ist eine Herausforderung. Besonders wichtig sind hier ausreichend pädagogische Fachkräfte und auch Schulsozialarbeit an den Berufsschulen.
Hilfreich wäre es außerdem, wenn die Unternehmen frühzeitig Ausbildungspaten*innen für Praktikant*innen und Auszubildende benennen, die die Jugendlichen schon im Praktikum „mitnehmen“ und während der Ausbildung als vertraute Ansprechpartner*innen unterstützen. Außerdem wäre ein Nachteilsausgleich in den Prüfungen wichtig für die Jugendlichen mit Migrationsgeschichte. Helfen würde auch eine Übersicht über die Beratungs- und Unterstützungsangebote. Wir benötigen zudem multiprofessionelle Teams an allen BBS, um die Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben zu entlasten.
„Drei Fragen an …“ Katrin Stumpenhausen zu aktuellen Problemen der dualen Berufsausbildung. Frau Stumpenhausen ist Abteilungsleiterin für Arbeitsmarkt, Bildung, Integration und Gesellschaftspolitik der Unternehmerverbände Niedersachsen e.V. (UVN). Sie stellte sich unseren Fragen am 21.04.2023 am Rande dieser Tagung.
„Drei Fragen an …“ Dirk Werner zur Fachkräftedebatte und den Herausforderungen, Berufsausbildung diversitätsfester zu machen. Dirk Werner ist Leiter des Themenclusters Berufliche Qualifizierung und Fachkräfte am Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Er stellte sich unseren Fragen am 19.04.2023 am Rande dieser Tagung.